Herr Albano-Müller, welche Rolle spielt Tradition für Sie?
Wir haben noch Mitarbeiter, die ihre Lehre im Schwelmer Eisenwerk gemacht haben. Da hängen privat viele Erinnerungen dran. Manchmal fragen auch noch Kunden nach technischen Unterlagen aus dieser Zeit. Ansonsten schauen wir vor allem nach vorn.
Wie ist zurzeit die wirtschaftliche Lage?
Unsere Auslastung ist hoch. Allerdings haben wir in der Regel große Projekte, Genehmigungsverzögerungen haben so spürbare Auswirkungen auf die Auftragslage.
Welche aktuellen Herausforderungen gibt es sonst noch?
Der bürokratische Aufwand ist enorm, unter anderem gegenüber Behörden und Netzbetreibern. Schallschutzgutachten, Emissionsgutachten, Explosionsschutz, Umweltverträglichkeit… Einige Auflagen haben Sinn, andere definitiv nicht. Jedenfalls entsteht so keine „Deutschland-Geschwindigkeit“.
Wozu das führt? Eine Einspeiseanlage für Biogas kostet beispielweise in den Niederlanden etwa ein Drittel weniger gegenüber Anlagen, die in Deutschland installiert werden sollen. Ganz nebenbei behindert das auch die Umstellung auf alternative Energien hierzulande.
Was bewegt Sie im Hinblick auf Technik und Innovationen gerade?
Zum einen die weitere Effizienzsteigerung von Biogasaufbereitungsanlagen, zum anderen die Vereinfachung von Wasserstoffanlagen. Ich hoffe, dass sich die Nutzung von Wasserstoff in Verbrennungsmotoren durchsetzt. Wir bekommen diesbezüglich positive Signale aus der LKW-Industrie. Im LKW-Bereich gibt es ja keine echte Alternative zum Wasserstoff. Anders als der PKW darf der Transport-LKW aus Wirtschaftlichkeitsgründen nie stillstehen – und kann so kaum elektrisch geladen werden.
Welche Bedeutung hat die Qualifikation der Mitarbeiter für ein Unternehmen wie Ihres?
Die Anforderungen an unsere Mitarbeiter sind hoch. Speziell die so genannte „Auslegung“ der Anlagen beherrschen nur wenige. Die Mischung der Mitarbeiter macht’s. Für uns gilt es, „alte und junge Hasen“ zusammenzubringen.
Was tun Sie gegen den Fachkräftemangel?
Wir nehmen zum Beispiel an Ausbildungsmessen teil. Und es gibt ein „Anwerbeprogramm“. Mitarbeiter, die andere Mitarbeiter werben, erhalten eine Prämie. Wir bilden selbst aus und wir bilden unsere Mitarbeiter kontinuierlich weiter.
Welche Rolle spielen Mitarbeiter mit Migrationshintergrund für Sie?
Wir haben viele Bewerber mit einer solchen Familiengeschichte und stellen sie sehr gerne ein. Bei unseren letzten Ausbildungsstellen machten sie hundert Prozent aus. Wir beobachten bei diesen Bewerbern mehr Bereitschaft zu Leistung, mehr Freude an der Arbeit und mehr Pünktlichkeit. Sie fragen im Bewerbungsgespräch auch nicht als erstes nach einem Firmenwagen.
Einige Bewerber ohne Migrationshintergrund hingegen wollen inzwischen nicht mehr auf Leitern steigen oder im Knien arbeiten. (Schüttelt den Kopf.) Wir mussten sogar die Inhalte unserer Bewerbungsgespräche darauf anpassen.
Welche Herausforderungen bringt die Integration von Mitarbeitern mit Migrationshintergrund für ein mittelständisches Unternehmen mit sich?
Weniger als viele denken. Auch Sprachprobleme gibt es in der Regel wenige. Wenn es dennoch nötig ist, ermutigen wir zu Sprachkursen. Insgesamt gibt es einen großen Zusammenhalt in der Firma, sodass Neuankömmlinge sich sehr schnell integrieren können.
Was wünschen sich die Mitarbeiter?
Sie würden gerne an den ersten vier Wochentagen länger „durchziehen“, um dann freitags frei zu machen. Die geltenden Arbeitszeitregelungen verhindern das und sind insofern hinderlich.
Würden Sie noch einen Blick in die Zukunft werfen?
Wir wollen noch effizienter werden und natürlich die Marktposition ausbauen. Zurzeit sind wir bereits Marktführer bei Biomethantankstellen in Deutschland. Und wir wollen weiterhin erfolgreich bei der Mitarbeitergewinnung sein.
Zurzeit ist eine schleichende Deindustrialisierung in Deutschland im Gange. Hohe Energiekosten, ein hohes Lohnniveau und Bürokratiebelastung – das sind Fakten, die eine große Gefahr für den Standort darstellen. Auch eine bessere Planbarkeit und mehr Verlässlichkeit der staatlichen Energiepolitik sind dringend geboten. Die augenblickliche Lage hemmt die Anlagenbetreiber.
Von internationalen Rahmenbedingungen hingegen sind wir nicht besonders betroffen. Unsere Kunden sitzen vornehmlich in Deutschland. Wir wollen nicht in China einkaufen müssen. Verlagerungen unserer Zulieferer ins Ausland wären für die Zukunft nicht wünschenswert.
Eine persönliche Meinung noch zum Schluss: Ich finde es bedauerlich, dass Abfallwirtschaft und Energiewirtschaft in Deutschland so selten zusammen gedacht werden. Es ist ein Unding, dass Biomethan aus Abfällen nicht stärker genutzt wird. Ich finde beispielsweise: An jede Schule gehört eine Biotonne, um den Biomüll verwerten zu können und bereits die Schüler für das Thema zu sensibilisieren.