Die Knauf Interfer Cold Rolling GmbH gehört zum Stahlbereich der Knauf Interfer Gruppe. Im Iserlohner Kaltwalzwerk werden in einer Hightech-Umformung mit exakter Wärmebehandlung und Oberflächenveredelung hochwertige Bandstähle produziert. Ein energieintensives Geschäft, in dem Nachhaltigkeit nicht erst mit der Umsetzung der neuen EU-Richtlinie zur Unternehmens-Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive/CSRD) eine Rolle spielt. „Ressourceneffizienz ist in der Stahl- und Aluminiumbranche eine Herausforderung, aber auch ein Wettbewerbsvorteil und, aus der Marktperspektive heraus, sogar ein Wachstumstreiber“ weiß Jesorke: „So erfordert die Mobilitätswende innovative Lösungen für den Leichtbau und die Elektromobilität, die wir im Schulterschluss mit unseren Kunden ständig weiterentwickeln.“
Vom Bürokratieabbau ist wenig zu spüren
Um die Formen und Formate seiner Stähle möchte er sich kümmern, weniger um Formulare und Formalien. Vom viel beschworenen Bürokratieabbau spürt Bernd Jesorke wenig. Auf tausende Seiten summieren sich die Richtlinien und Gesetzestexte, die es zu konsultieren gilt. Er plädiert für mehr Eigenverantwortung seitens der Unternehmen und Augenmaß der Behörden, wenn es um Emissionsnachweise, die Lieferkettensorgfaltspflichten oder den CO2-Grenzausgleichsmechanismus CBAM geht. Und auch um die richtigen Anreize: „Sollte Nachhaltigkeit belohnt werden oder derjenige, der die Bürokratie am besten beherrscht?“
Fakt ist: Wie viele Unternehmen seiner Branche übertrifft Knauf Interfer bereits die aktuellen Anforderungen und Berichtspflichten, hat eine Digitalisierungsinitiative angestoßen, die die Transparenz der vor- und nachgelagerten Lieferkette erhöht und für die vergangenen Jahren freiwillig Nachhaltigkeitsberichte veröffentlicht. Darin finden sich Hinweise auf die ersten Vereinbarungen zum Bezug von CO2-reduziertem Vormaterial (Green Steel), aber auch auf tiefer hängende Früchte – „Großes fängt im Kleinen an, aber nicht im Kleinlichen“. Kleinlich wird es für Jesorke zum Beispiel dann, wenn Informationen erst mühsam zusammengetragen werden müssen und dann in einem Datengrab verschwinden, weil unterschiedliche Standorte über einen Kamm geschoren werden: Der Sinn eines Abwärmekatasters etwa erschließt sich kaum, wenn lokal keine Infrastruktur vorhanden ist, mit der sie sich nutzen ließe. Und die Umsetzung der Anforderungen der CSRD? Es sind mehr als 1.100 Datenpunkte auf Relevanz für das eigene Unternehmen zu prüfen und anschließend systematisch zu erfassen und zu dokumentieren. Zum Vergleich die Distribution: Über die trimodale Logistikdrehscheibe der Knauf Interfer gelangen die Produkte ressourcenschonend und mit optimiertem CO2-Ausstoß an den jeweiligen Bestimmungsort – „Keine Vorschrift, aber unser Beitrag als mündiges Unternehmen – und ein echter USP“.
Investitionen in die Umsetzung des Lieferkettengesetzes
Für Jesorke ist es gut und richtig, dass die Politik wichtige gesellschaftliche, soziale und ökologische Belange durchsetzt. Aber sie sollte lediglich Leitplanken setzen. Was Unternehmen brauchen, sind Verbindlichkeit, Gerechtigkeit und Planungssicherheit – und vor allem keine nationalen Alleingänge in globalen Märkten. So musste nicht nur Knauf Interfer mit wenig Vorlauf erheblich in die Umsetzung des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes investieren sowie Prozesse und Software implementieren, während das europäische Pendant erheblich kulantere, praxisnähere Fristen vorsieht. Eine Wettbewerbsverzerrung, der der Geschäftsführer und Nachhaltigkeitsmanager auch etwas Positives abgewinnen kann: „Wir sind vorbereitet und können uns um unser Geschäft kümmern, wenn andere noch am Reporting feilen.“