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Prozessoptimierung XXL

Wie schnell lässt sich ein Produkt in einer Fabrik herstellen? Zeit ist bekanntlich Geld. Die Reduzierung so genannter Durchlaufzeiten ist deshalb ein Dauerthema in den Betrieben. Prof. Dr. Klaus-Michael Mende von der Fachhochschule Südwestfalen hat dazu bereits zahlreiche Bachelor-Arbeiten in Unternehmen durchgeführt. Aber kaum ein Absolvent hat das Thema so umfassend untersucht wie Jan Kießler aus Menden, Absolvent der Fertigungstechnik. Kein Wunder, hat er doch nicht nur seine Bachelor-, sondern auch seine Masterarbeit bei der Erich Dieckmann GmbH in Iserlohn geschrieben.

Kießler analysierte die Fertigungsstruktur des Unternehmens, ermittelte Verbesserungspotenziale und entwickelte ein Konzept zur Beseitigung neuralgischer Stellen im Produktionsablauf. Damit lieferte er eine Analyse, wie sie prinzipiell auch eine Unternehmensberatung hätte erstellen können. Als Beispiel diente die Produktion von Sicherheitsschildern bei Dieckmann.

Die Analyse zeigte Herausforderungen auf, die häufig im Unternehmensalltag vorkommen. Prozesse haben sich über viele Jahre historisch entwickelt und müssen hinterfragt werden. Das Material legt weite Wege zurück, was Zeit kostet. Teile werden in hohen Stückzahlen produziert, die dann unnötig lange im Unternehmen „herumliegen“. Das Umrüsten einer Maschine dauert länger als das eigentliche Fräsen mit ihr. Die Maschine wartet darauf, dass Mitarbeiter Zeit haben und Material bereitsteht. So wird der Fräsprozess beispielsweise zum Nadelöhr in der Produktion. Kießler identifizierte einen hohen Planungsaufwand, eine optimierbare Datenlage für die Steuerung der Produktion und Optimierungspotenziale in der Qualitätssicherung. Jedes Produkt, das nicht nachgearbeitet wird, spart Zeit und Geld.

Was genau könnte man besser machen? Zum Beispiel Lauf- und Transportwege verkürzen und Prozesse optimieren. Kießler schlägt eine fokussierte Fertigung nach Produktgruppen vor. Alle dazu notwendigen Prozesse werden an einem Ort gebündelt. Der Auftrag bestimmt den Ablauf. Kießlers Prinzip: „Wenn ich den Auftrag morgens einspeise, ist er abends fertig.“ Die Mitarbeiter besetzen notwendige Stationen der Produktion eigenständig.

Gefertigt wird entweder auf einer neuen „Transferstraße“, das Produkt wird quasi am Fließband an den Arbeitsschritten entlanggeführt, oder der Einsatz eines Roboters an den Fräsen steigert die Maschinenauslastung. Der Produktionszyklus ist dann nicht mehr vom Mitarbeiter abhängig.

Ergebnis: Die unnütze „Liegezeit“ hergestellter Produkte und der Bearbeitungsablauf würden sich massiv verkürzen. Die Fertigungskosten sinken somit deutlich, wobei „die Variante des Robotereinsatzes angesichts der vorherrschenden Rahmenbedingungen kostengünstiger ist“, so Kießler.

Das Kolloquium zur Masterarbeit fand vor Ort bei der Erich Dieckmann GmbH statt. Geschäftsführer Rainer Dieckmann hörte interessiert zu. Da Jan Kießler das Thema der Prozessoptimierung sehr umfassend und tiefgehend behandelte, stellt sich natürlich die Frage der kompletten praktischen Umsetzung in einem gewachsenen Unternehmen. Rainer Dieckmann zeigte sich aber aufgeschlossen. Er will prüfen, welche Anregungen sich in welchem Umfang umsetzen lassen. In der Tat empfiehlt Jan Kießler die schrittweise Umsetzung eines systematischen Maßnahmenplans auf der Basis seiner Erkenntnisse.

Sowohl der Geschäftsführer als auch Prof. Dr. Klaus-Michael Mende waren begeistert von Kießlers Arbeit. Das Ergebnis kann sich auch für ihn selbst sehen lassen: Die Masterarbeit wurde mit „sehr gut“ bewertet. Jan Kießler war bereits für die Erich Dieckmann GmbH tätig. Er will dort bleiben und die Umsetzung seiner Ideen mitgestalten. Prof. Dr. Mende gelang über seine Tätigkeit für den Märkischen Arbeitgeberverband (MAV) einmal mehr der Brückenschlag von der Wissenschaft direkt in die Praxis.

Bildzeile (v. l.): Rainer Dieckmann, Jan Kießler, Prof. Dr. Klaus-Michael Mende nach dem Kolloquium. (Foto: MAV)