So erfreulich die jüngste Ansiedlung eines großen Chipherstellers in Ostdeutschland ist – „in unserem Verbandsgebiet gäbe es für so etwas gar keine Möglichkeiten. Es fehlen Gewerbeflächen“, skizzierte Özgür Gökce eine Rahmenbedingung für die Wirtschaft in der Region. Zudem waren sich Gökce und die beiden heimischen Abgeordneten uneingeschränkt einig, dass der aktuelle Industriestrompreis ein großes Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung darstellt. Vor allem der internationale Vergleich zeige eine unverhältnismäßig hohe Belastung bei den Energiekosten in Deutschland.
„Qualifizierte Zuwanderung fördern“
Was neben Gewerbeflächen ebenfalls fehlt, sind Arbeits- und Fachkräfte. Viele Jugendliche tauchen nach der Schule an Berufskollegs ab und sind für den Arbeitsmarkt zunächst verloren. Insgesamt, so Gökce, müsse Berufsorientierung an Schulen noch früher ansetzen und stärker institutionalisiert werden. Auch die Möglichkeiten der Berufstätigkeit von Frauen müssten verbessert werden.
Paul Ziemiak betonte unter anderem die Chancen für den Arbeitsmarkt, die in der Migration stecken: „Wir müssen qualifizierte Zuwanderung fördern.“ Davon könne auch der Mittelstand profitieren. „Ausgebildete Interessenten aus dem Ausland anwerben und gleichzeitig ungenutzte Arbeitsmarktpotenziale im Inland erschließen“, so Thorsten Schick, seien zwei Gebote der Stunde. Einig war man sich, dass bürokratische Prozesse die Migration von gut ausgebildeten Menschen weiterhin erschweren.
Hemmschuh Bürokratie
Überhaupt erweist sich die Bürokratie in vielerlei Hinsicht als Problem. Ihr Abbau bleibt eine der wichtigsten Forderungen der heimischen Unternehmen. Paul Ziemiak erkundigte sich nach möglichst konkreten Beispielen. Thematisiert wurden unter anderem: die Folgen des Lieferkettengesetzes und des Hinweisgeberschutzgesetzes sowie die mangelnde Digitalisierung von Verwaltungsprozessen. Zum Thema Bürokratieabbau wird man die Gespräche fortsetzen. Der MAV kündigte an, unter seinen Mitgliedern Beispiele für den Bürokratie-Wildwuchs zu sammeln, um diese in die politische Diskussion einzubringen.
Abseits von Einzelthemen aus dem Alltag des Verbandes und seiner Mitglieder tauschten sich die Gesprächspartner auch zu allgemeinen Herausforderungen aus. „Es kann nicht sein, dass Deutschland inzwischen wieder als ‚kranker Mann Europas‘ beschrieben wird, sodass ausländische Arbeitskräfte hierzulande keine Zukunftsperspektiven sehen“, so Schick. Ganz grundsätzlich müsse es um eine Belebung der gesamtgesellschaftlichen Leistungsbereitschaft gehen. Özgür Gökce resümierte: „Mit weniger Menschen weniger arbeiten – so werden wir unseren Wohlstand zukünftig nicht sichern.“
Eine Fortsetzung des politischen Austausches folgt.